Grußwort (19. Juli 2022)

2022/7/19
 
Der Hochsommer ist angebrochen. Wie werden Sie ihn alle verbringen?
 
Die Hitze des Sommers ruft bei uns die Atombombenabwürfe auf Hiroshima am 6. August 1945 und, drei Tage später, am 9. August auf Nagasaki sowie den Jahrestag des Kriegsendes am 15. August in Erinnerung. Die beiden Atombomben haben in Hiroshima und Nagasaki mehr als 210.000 Menschen das Leben gekostet. Zugleich ist der 9. August auch der Tag, an dem die Sowjetunion unter Missachtung des damals noch gültigen Japanisch-Sowjetischen Neutralitätspakts in den Krieg gegen Japan eingetreten ist. Hier liegt der Ursprung der gegenwärtigen Frage der nördlichen Territorien (d.h. der Frage der Zugehörigkeit der Inseln Etorofu, Kunashiri, Shikotan und der Habomai-Inseln). Von den damals rund 17.000 Inselbewohner*innen hat sich rund die Hälfte selbst in Sicherheit gebracht, die verbliebenen Personen wurden von 1947 bis 1948 von ihren Heimatinseln zwangsumgesiedelt und über eine Internierung auf Sachalin nach Japan repatriiert.
 
Der Angriff auf die Ukraine, den Russland am 24. Februar dieses Jahres begonnen hat, ruft in der japanischen Bevölkerung diese eigenen bitteren Kriegserfahrungen wieder wach und führt ihr gleichzeitig die Realität vor Augen, dass unglaublicherweise im heutigen Europa wieder ein Krieg ausgebrochen ist und die Menschen ihres friedlichen Lebens beraubt werden. Wenn wir auf das 20. Jahrhundert mit seinen häufig vorkommenden Kriegen zurückblicken, sollten wir uns dann nicht darum bemühen, das 21. Jahrhundert zu einer menschenfreundlicheren Welt zu machen?
 
Im Jahr 1625, inmitten des Dreißigjährigen Krieges, verfasste Hugo Grotius, der später als Vater des Völkerrechts bezeichnet werden wird, sein Werk De jure belli ac pacis (Über das Recht des Krieges und des Friedens). Darin führte er als Grund für die Abfassung des Buches an: „Ich sah in den christlichen Ländern eine Kriegführung, derer sich selbst rohe Völker geschämt haben würden.“ Der britische Diplomat und Historiker E. H. Carr wiederum veröffentlichte 1939 das Buch The Twenty Years’ Crisis, 1919-1939, in dem er analysierte, durch welche Entwicklungen der nach dem Ersten Weltkrieg durch den Völkerbund geschaffene Weltfriede zerbrach und wie er in den Abgrund des Zweiten Weltkriegs stürzte.
 
Trotz der mannigfaltigen diplomatischen Bemühungen zur Verhinderung des Krieges kam es zum Krieg in der Ukraine. Um jedoch die Opferzahl möglichst zu verringern und das frühzeitige Kriegsende zu erreichen, sollte in der Tat einzig die Diplomatie genutzt werden. Wenn wir in der Zukunft zurückblicken und feststellen sollten, dass „der Frieden zwischen 1991 und 2021 nur eine Krise von dreißig Jahren war“, würde ich das sehr traurig für die Menschheit, die eigentlich Fortschritte machen sollte, finden.
 
Auch wir in der Japanischen Botschaft hören uns verschiedene Informationen und Ideen an und möchten gleichzeitig unsere Aktivitäten, die zum Frieden in Japan und in der Welt beitragen, weiter fortsetzen.
 
MIZUTANI Akira                                                                   
Botschafter von Japan in Österreich