
Die internationale Finanzkrise und Japans Maßnahmen
Während Japan neue Zeichen einer weiteren Abschwächung der Wirtschaft sieht, bemühen sich die japanische Regierung und das Parlament darum, neue, die Konjunktur belebende Maßnahmen in Gang zu bringen, die bereits am 30. Oktober von Japans Ministerpräsident Taro Aso bekannt gegeben wurden.
Am 8. November veröffentlichte die japanische Wirtschaftszeitung Nihon Keizai Shimbun die Ergebnisse einer Studie mit 989 gelisteten Unternehmen. Laut dieser Studie erwarten die Unternehmen für das heurige Geschäftsjahr, das am 31. März endet, einen Rückgang ihrer Einnahmen um 26% im Gegensatz zum letzten Geschäftsjahr. Insbesondere betroffen sind Industriebereiche wie Automobilhersteller und Elektrogerätehersteller, die in den letzten 6 Jahren stets bessere Ergebnisse als im Vorjahr verzeichnen konnten. Eine solche negative Korrektur der Prognosen ist auf die schwächer werdende Konjunktur der ausländischen Märkte sowie die Aufwertung des japanischen Yen zurückzuführen.
Der japanische Autohersteller Toyota Motor Co. Ltd., der auch einer der größten heimischen Exporteure ist, hat am 6. November seine Gewinnprognose deutlich nach unten korrigiert. Seine operative Einnahmeerwartung wurde von der ursprünglichen Prognose um 1 Billion Yen auf 600 Milliarden Yen verringert. Toyotas Einnahmen im Zeitraum von April bis September dieses Jahres betragen 582 Milliarden Yen.
Doch nicht nur Toyota hat momentan Kummer, alle japanischen Autohersteller haben die gleichen Probleme. Die gesamten Gewinnprognosen der sieben größten japanischen Autohersteller sehen einen Rückgang um 2,8 Billion Yen auf 1,7 Billion Yen für das laufende Geschäftsjahr. Die immer schwieriger werdenden Geschäftsbedingungen, mit denen die japanischen Autohersteller konfrontiert sind, treffen auch ihre Konkurrenten in den USA wie General Motors und Ford, die sich in einer noch tieferen Krise befinden.
Leitzinssenkung und andere Maßnahmen für die Stabilisierung
Die japanische Zentralbank Bank of Japan (BoJ) reduzierte am 31. Oktober den Leitzins zum ersten Mal seit 91 Monaten um 20 Basispunkte auf 0,3%. Die BoJ revidierte auch ihre makroökonomische Wirtschaftswachstumsprognose für das Geschäftsjahr 2009 von der im Juli bekannt gegebenen Rate von 1,5% auf 0,6%. Japans zwanzig führende Wirtschaftsforschungsinstitutionen erwarten für das dritte Quartal 2008 eine negative Wachstumsrate von durchschnittlich minus 0,04%.
Die Zinssenkung der BoJ wurde parallel mit den Entscheidungen der anderen Zentralbanken auf der Welt durchgesetzt, um einen möglichen Kreditengpass zu vermeiden. Am 30. Oktober reduzierte die US-Zentralbank (Federal Reserve) den Leitzins um 0,5 Punkt auf 1,0%, während die EZB mit der Zinssenkung um 0,5 Punkt auf 3,25% folgte. Auch die englische Zentralbank (Bank of England) reduzierte den Leitzins überraschend drastisch um 1,5 Punkte auf 3%.
Inzwischen hat der japanische Ministerpräsident Taro Aso die endgültige Entscheidung getroffen, den konkreten Inhalt der seit geraumer Zeit vorgeschlagenen rCinheitlichen Betragsförderungzタzu formulieren, die die Hauptrolle in dem von der Regierung bekannt gegebenen Konjunkturbelebungspaket spielen soll. Mittlerweile haben Diskussionen stattgefunden, um den Belebungseffekt dieser Förderung im Wert von 2 Billionen Yen zu optimieren. Diskutiert wurde vor allem die Frage, ob man zwischen Bürgern, die eine solche Förderung tatsächlich benötigen, und jenen, die sie nicht brauchen, eine Trennlinie ziehen kann. Ursprünglich war geplant, die Förderung solle an alle Familien verteilt werden, ohne das Einkommensniveau zu berücksichtigen. Im Laufe der Diskussion wurden jedoch Gegenstimmen laut, die darauf hinwiesen, dass Wohlhabende nicht zu Nutznießern werden dürfen. Laut der endgültigen Entscheidung der Regierung und der regierenden Parteien, die am 12. November getroffen wurde, werden auf alle Bürger 12.000 Yen pro Kopf verteilt, Bürger im Alter unter 18 sowie über 65 erhalten sogar zusätzlich 8.000 Yen. Ob eine Einkommensgrenze eingeführt werden soll oder nicht, werden die Gemeinden entscheiden, die die Verteilung durchführen sollen. Viele Gemeinden reagierten auf diese Entscheidung mit Empörung, da sie über keine Einkommendaten der Bevölkerung verfügen und eine gerechte Verteilung nicht ohne unvorstellbaren Aufwand möglich sein wird.
Der Gesetzentwurf für die Verstärkung der Funktion der Finanzinstitutionen, der eine öffentliche Beteiligung ermöglicht, wurde am 6. November im japanischen Unterhaus genehmigt. Die Verabschiedung des Gesetzes könnte jedoch ins Stocken geraten, da die Opposition, die im Oberhaus die Mehrheit hat, strengere Richtlinien fordert. Die Medien kritisierten diese Forderung und warnten davor, politisches Feilschen könnte zu einer Verzögerung der notwendigen Sicherheitsnetze führen.
Um die Stabilität der Finanzinstitutionen sicherzustellen, hat die japanische Finanzmarktaufsichtsbehörde, die Financial Services Agency (FSA), am 7. November die Revision seiner Kapitalquotaregelung bekannt gegeben. Infolge dieser Maßnahmen müssen nun Finanzinstitutionen in ihren Portfolios Teile ihrer Verluste, die aufgrund der jüngsten Marktentwicklung durch ihren Wertpapierbesitz in der Buchhaltung entstanden sind, nicht melden. Diese Maßnahme ist nur temporär und bleibt im Zeitraum von Dezember 2008 bis März 2012 in Kraft. Ziel dieser Maßnahme ist es, die regionalen Banken sowie andere kleinere Institutionen vor möglicher Kapitalaushöhlung zu retten.
Toru Oe
Erster Botschaftssekretär