
Ministerpräsident Aso und sein Kabinett
Wie in Ausgabe Nr. 5/2008 berichtet, wurde der Präsident der Liberaldemokratischen Partei (LDP), Taro Aso, am 24. September 2008 vom japanischen Parlament zum 92. Ministerpräsidenten Japans ernannt. Unmittelbar nach seiner Ernennung gab er die Mitglieder seines neuen Kabinetts bekannt, die ebenfalls am 24. September 2008 in ihr Amt eingeführt wurden. Ministerpräsident Aso setzt mit seinem neuen Kabinett die Koalitionsregierung der LDP mit der Kômei-Partei fort.
Bei der nachfolgenden Pressekonferenz stellte Ministerpräsident Aso die Mitglieder seines Kabinetts vor und erklärte, dass dies die Regierungsmitglieder sein werden, mit denen er den nächsten Wahlkampf schlagen werde. Die führenden japanischen Tageszeitungen übertitelten am 25. September ihre Berichterstattung über das neue Aso-Kabinett mit Schlagzeilen wie „Asos kampfbereites Kabinett eingeführt” (Yomiuri Shimbun), „Asos Wahlkampfkabinett” (Asahi Shimbun) und „Krisenteam bereit für Wahlen” (Mainichi Shimbun).
Zwischenzeitlich stimmte die Demokratische Partei Japans (DPJ), die größte Oppositionspartei, bei einem außerordentlichen Parteitag am 21. September 2008 offiziell einer Wiederwahl des DPJ-Präsidenten Ichiro Ozawa für eine dritte Amtszeit zu. Ozawa machte seine politische Zukunft vom Ausgang der nächsten Parlamentswahlen abhängig. Mit dem Amtsantritt des Aso-Kabinetts und der Wiederwahl Ozawas haben die führende Regierungs- und Oppositionspartei ihre jeweilige Führung gefestigt, so dass zu erwarten ist, dass die politische Situation im Tauziehen um den Zeitpunkt der Auflösung des Unterhauses und des Ansetzens der nächsten Wahlen zunehmend spannender wird.
Die Zeitungsberichte am 25. September wiesen unter anderem auf die mögliche Kursänderung des neuen Kabinetts bei den Strukturreformmaßnahmen hin, die von der Regierung unter Ministerpräsident Junichiro Koizumi (2001-06) vorangetrieben wurden. Ministerpräsident Aso erklärte, dass die japanische Wirtschaft drei Jahre brauchen werde, um sich völlig zu erholen, und dass Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft vorerst oberste Priorität zu genießen hätten. Bei der Vorstellung der Regierungsmannschaft betonte Ministerpräsident Aso, dass er Finanzminister Nakagawa damit beauftragt habe, „Finanzfragen in Hinblick auf den Wirtschaftsaufschwung in Angriff zu nehmen”, Innen- und Kommunikationsminister Hatoyama damit, „die Regionen wiederzubeleben”, Gesundheits-, Arbeits- und Sozialminister Yoichi Masuzoe damit, „die Beschäftigung stabil zu halten” und Wirtschafts-, Handels- und Industrieminister Toshihiro Nikai damit, „sich mit den Problemen von Klein- und Mittelbetrieben auseinander zu setzen”.
Alle fünf landesweiten japanischen Tageszeitungen führten am 25. September Leitartikel zur Amtseinführung des Kabinetts von Ministerpräsident Aso und forderten fast unisono den neuen Ministerpräsidenten dazu auf, in Parlamentsdebatten das Verständnis der Bevölkerung für die riesigen Probleme, die sich Japan gegenübersieht, zu erlangen und in Folge Wahlen abzuhalten, um den Willen des Volkes zu erfahren. Die Yomiuri Shimbun kommentierte in ihrem Leitartikel die ungewöhnlichen Umstände - mit einer sich abzeichnenden Auflösung des Unterhauses und Neuwahlen -, unter denen das neue Kabinett seine Arbeit aufnimmt. Weiters drückte sie die Erwartung von klar definierten Grundsätzen für eine Wiederbelebung des Landes und konkreten Maßnahmen für die Öffentlichkeit in der Antrittsrede Ministerpräsident Asos vor dem Parlament am 29. September sowie die Hoffnung auf lebhafte und konstruktive Debatten mit DPJ-Präsident Ozawa und den Vorsitzenden anderer Oppositionsparteien während parlamentarischer Anfragen aus.
Der Leitartikel der Mainichi Shimbun bemerkte, dass die früheren Ministerpräsidenten Shinzo Abe und Yasuo Fukuda auf unverantwortliche Weise aufgegeben hätten. Die Regierungsführung, die sich auf eine Mehrheit im Unterhaus stützt, die die Regierungsparteien in Wahlen erzielt hatten, in denen es um die Frage der Postprivatisierung (unter der Regierung Koizumi) ging, stoße an ihre Grenzen. Dies sei der Hauptgrund, warum die neue Regierung die Entscheidung der Öffentlichkeit suchen sollte. Der Leitartikel der Asahi Shimbun forderte schließlich, dass in Anbetracht bevorstehender Wahlen das neue Kabinett seine Ansichten ordnen und der Bevölkerung zur Prüfung vorlegen solle.
In seiner Antrittsrede am 29. September vor dem Parlament betonte Ministerpräsident Aso zunächst, dass in der parlamentarischen Entscheidungsfindung das Wohl der japanischen Bevölkerung Vorrang vor parteitaktischen Erwägungen haben müsse. In weiterer Folge konzentrierte er sich auf die vordringlichsten Aufgaben: ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, die Zufriedenheit der japanischen Bevölkerung, eine schlanke, aber einfühlsame Verwaltung, eine Wiederbelebung der Regionen, einen nachhaltigen Umweltschutz und den Beitrag Japans zur internationalen Gemeinschaft.
Die Stärkung der japanischen Wirtschaft werde in drei Phasen ablaufen: Kurzfristig würden Maßnahmen zur Ankurbelung wirtschaftlicher Aktivitäten getroffen werden. Mittelfristig sei die Sanierung der öffentlichen Finanzen vorgesehen. Mittel- bis langfristig werde ein auf Reformen basierendes Wirtschaftswachstum angestrebt. Um die Zufriedenheit der japanischen Bevölkerung sicherzustellen, seien Maßnahmen im Pensions- und im medizinischen Bereich erforderlich. Ebenso würden neue Gesetze zur Unterstützung der jungen Menschen in Japan überlegt werden.
Weiters bekannte sich Ministerpräsident Aso zur Verwaltungsreform, um eine schlanke Verwaltung zu schaffen, die jedoch immer ein offenes Ohr für die Bevölkerung hat, ebenso wie zur Dezentralisierung, um die Regionen zu stärken. Im Bereich der Außenpolitik unterstrich er den Vorrang der japanisch-amerikanischen Allianz und das Ziel, durch Zusammenarbeit mit China, der Republik Korea, Russland und anderen Ländern der asiatisch-pazifischen Region regionale Stabilität und Wohlstand zu erreichen. Globale Fragen, wie Terrorismus, Klimaerwärmung oder Armut, seien in Angriff zu nehmen. Ebenso sei sicherzustellen, dass Grundwerte in jungen Demokratien Fuß fassen. Schließlich werde man Nordkorea aufrufen, Maßnahmen zur Lösung der Entführungs- und der Nuklearfrage zu treffen, um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea zu ermöglichen.
(Quelle: Prime Minister of Japan and His Cabinet, Foreign Press Center / Japan)