Japan heute und morgen

S.E. Botschafter Umezu verlässt Österreich

Liebe Leserinnen und Leser,

mit diesen Zeilen möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich nach mehr als dreijähriger Tätigkeit in Österreich Wien Mitte November verlasse. Während meiner Amtszeit hatte ich die Gelegenheit, an verschiedenen Feierlichkeiten anlässlich des Gedenkjahres 2005 - 60 Jahre seit Ende des Zweiten Weltkriegs, 50 Jahre Wiedererlangung der Unabhängigkeit nach Abschluss des Staatsvertrags und 10 Jahre EU-Mitgliedschaft - teilzunehmen. In jenem Jahr wurde aber auch das Japan-EU-Jahr der Begegnung 2005 begangen, in dessen Rahmen allein in Österreich mehr als 120 Veranstaltungen stattfanden. Ich schätze das große Interesse, das Japan in Österreich dabei entgegengebracht wurde, sehr.

Im ersten Halbjahr 2006 übte Österreich mit großem diplomatischem Geschick die EU-Ratspräsidentschaft aus. Ein Höhepunkt auch aus bilateraler Sicht war sicherlich der Besuch des damaligen Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel in seiner Funktion als EU-Ratspräsident in Japan im April 2006 und das Gipfeltreffen mit dem damaligen japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi. 2006 wurde aber auch des 250. Geburtstags Mozarts mit zahlreichen Konzerten gedacht, die viele Mozartfans aus Japan nach Österreich lockten. Im Oktober des Jahres fanden in Österreich Nationalratswahlen statt, und es war eine wertvolle Erfahrung für mich, den Prozess der Entstehung der Koalitionsregierung unter Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer mitzuverfolgen.

Nach dem Krieg entschied sich Österreich für die Neutralität, nach Ende des Kalten Krieges wählte es die EU-Mitgliedschaft und erfreut sich des heutigen Wohlstands. Auf diese Anpassungen ist es wohl zurückzuführen, dass die Österreicher das Wesen ihres Staates einem ständigen Nachdenkprozess unterwerfen. Ich habe die Österreicher als zuverlässige, ausgeglichene Gesprächspartner mit viel Mitgefühl und Verständnis für andere kennen gelernt. Auf meinen Reisen außerhalb Wiens begegnete ich gepflegten, wunderbaren Landschaften. Ich fand eine große Vielfalt vor, die sich zu einer für Österreich typischen lockeren Einheit zusammenfügt. Ich habe während meiner Amtszeit versucht, die Beziehungen zwischen Österreich und Japan weiterzuentwickeln und würde mich glücklich schätzen, einen kleinen Beitrag zur Stärkung der guten bilateralen Zusammenarbeit geleistet zu haben.

Im Jahr 2009 feiern Japan und Österreich das 140. Jahr der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Ich hoffe, dass wir bei dieser Gelegenheit unsere Beziehungen weiter ausbauen werden. Ich halte es für überaus wichtig, den bilateralen Austausch auf eine möglichst breite Basis zu stellen. So kann beispielsweise die japanische Popkultur, die sich unter den österreichischen Jugendlichen großer Beliebtheit erfreut, eine Rolle bei der Förderung des kulturellen Austausches spielen. Es wäre auch wünschenswert, den Österreichern die japanische Lebensphilosophie, die hinter Industrieprodukten wie Kameras und Autos steht, zu vermitteln. Es ist ermutigend, dass viele Österreicher Japan als verlässlichen Partner ansehen. Gleichfalls sind die Japaner von der Kulturnation Österreich sehr beeindruckt. Jedoch ist es notwendig, die wirtschaftlichen Aktivitäten Österreichs in Mittel- und Südosteuropa sowie das österreichische Know-how in Industrie und Technologie in höherem Maße in Japan bekannt zu machen. Solche beiderseitigen Bemühungen könnten zu einer weiteren Vertiefung der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Japan führen.

Mit meinen besten Wünschen für die weitere Entwicklung der bilateralen Beziehungen darf ich mich von Wien verabschieden.

Itaru Umezu
Botschafter von Japan


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