Japan heute und morgen

Günter Müller referierte über die Themen des japanischen Farbholzschnittes

Herr Müller

Im Rahmen einer Ausstellung von 100 Ukiyo-e aus der Privatsammlung von Günter und Gabriele Müller, die das Japanische Informations- und Kulturzentrum von 7. November bis 1. Dezember 2006 in seinen Räumlichkeiten zeigen konnte, hielt Herr Müller am 21. November 2006 einen Vortrag unter dem Titel Die Themen des japanischen Farbholzschnittes - Von den Göttinnen im Kimono bis zum Gipfel des Fuji. Darin gewährte er einen Einblick in seine private Sammlertätigkeit, in die Geschichte des Farbholzschnittes und die bevorzugten Themen der japanischen Holzschnittmeister.

Wie Herr Müller ausführte, ist die Kunst des japanischen Farbholzschnittes eng mit dem Aufblühen der städtisch-bürgerlichen Kultur seit dem 17. Jahrhundert verbunden. Der in über 200 Jahren entstandene Bilderschatz der fließenden vergänglichen Welt umfasst einen spezifischen Themenkreis. Japan erlebte in dieser Zeit eine bislang einmalige Blüte des Städtebaus, Handel und Gewerbe florierten. Es gab eine effektive Infrastruktur mit gut ausgebautem Straßennetz, Transport- und Postwesen. Erstmals entwickelte sich ein reiches, unabhängiges Bürgertum mit einem eigenen urbanen Lebensstil.

Das stark von materiellen Dingen bestimmte Weltbild der bürgerlichen Klasse stand weitab von dem klassischen durch Konfuzianismus und Buddhismus geprägten Idealbild der Samurai. Frei von den strikten moralischen und sozialen Kodexen der Adelsklasse wandte sich der neue, selbstbewusste Bürger in den aufblühenden Städten einer sehr realen, diesseitigen Welt zu, die der herrschende Samuraistand geringschätzig als ukiyo, fließende Welt, bezeichnete.

Zu den frühesten Themen des Farbholzschnittes zählen Kurtisanen und Schauspieler: so genannte bijin-ga stellen schöne Frauen, Kurtisanen und Geishas dar, yakusha-e zeigen Schauspieler des Kabukitheaters, meist in bestimmten Posen aus bekannten Stücken. Unter den anfänglichen Bildern befinden sich auch häufig so genannte shunga oder makura-e (Frühlings- oder Kopfkissenbilder) mit erotischen Darstellungen. Relativ spät erst werden Landschaftsdarstellungen im Farbholzschnitt thematisiert. Aber gerade Serien wie die „36 Ansichten des Fuji" von Hokusai oder die „53 Stationen des Tôkaidô" von Hiroshige zählen zu den Farbholzschnitten, die im Westen schon sehr früh Berühmtheit erlangten und westliche Künstler beeinflussten.

Weitere Themen des Farbholzschnittes sind die Darstellung von Sumo-Ringern (sumô-e), die ebenfalls in Europa und den USA sehr bekannten Tier- und Blumendarstellungen (kachô-e), Scherzbilder (giga), mit deren Hilfe versteckte gesellschaftliche Kritik geübt wurde, und Geister- und Gespensterbilder, in denen Kobolde und Fabelwesen, verhexte Tiere, Geister und Dämonen dargestellt sind. Darüber hinaus befassen sich Farbholzschnitte auch mit der japanischen Geschichte, mit Sagen und Legenden, mit männlichen und weiblichen Helden, mit Kriegern (musha-e), Gestalten aus Dichtkunst und Literatur und mit Götterdarstellungen. Einen weiteren Themenkreis bilden die Jahresfeste wie Neujahr, Puppenfest, Knabenfest oder Tanabata.

(Quelle: Günter Müller)


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