Der Botschafter - Reden & Beiträge
GRUSSWORT
Liebe Leserinnen und Leser!
Ich heiße Makoto Taketoshi und habe im September 2013 mein Amt als Botschafter von Japan in Österreich angetreten. Ich bin 1972 in das damalige Ministerium für Bauten eingetreten und habe in den vergangenen Jahrzehnten, abgesehen von einem Auslandsstudium an der Universität Oxford und vorübergehenden Versetzungen zu Gebietskörperschaften, hauptsächlich in den Bereichen Stadt- und Regionalentwicklung sowie öffentliche Investitionspolitik gearbeitet. Nach dem schweren Erdbeben in der Region Tohoku am 11. März 2011, das sich während meiner Zeit als Vizeminister im Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus ereignete, widmete ich mich mit aller Kraft den Wiederaufbaumaßnahmen im betroffenen Gebiet. Zweieinhalb Jahre danach dauern die regen Wiederaufbauarbeiten in der Region weiter an. Ich möchte an dieser Stelle erneut der Opfer gedenken und allen Betroffenen mein Mitgefühl aussprechen. Nach der Katastrophe hat Japan aus Österreich warmherzige, ermutigende Unterstützung erhalten. Dafür möchte ich mich nochmals herzlich bedanken. Auch die ruhige und gefasste Art der Krisenbewältigung hat große Anerkennung erfahren, die uns ein weiterer Ansporn ist. In Fukushima, wo sich der AKW-Unfall ereignete, schreiten die Arbeiten zur Reaktorstilllegung stetig voran. Das Problem des Austritts kontaminierten Wassers hat weltweit Aufmerksamkeit erregt und die japanische Regierung räumt der vollständigen Lösung dieses Problems höchste Priorität ein. Nach meinem Abschied als Vizeminister hatte ich bis Dezember 2012 das Amt des Vizekabinettschefs inne. Wiewohl meine mehr als einjährige Tätigkeit im Kabinettssekretariat sehr fordernd war, sind die innen- wie außenpolitischen Erfahrungen im Zentrum der Regierung von unschätzbarem Wert für mich und werden für meinen neuen Verantwortungsbereich als japanischer Botschafter in Österreich sehr hilfreich sein.
Hier in Wien in einem völlig neuen Bereich tätig sein zu können, ist für mich eine große Freude und Ehre. In Vergleichen der lebenswertesten Städte nimmt Wien stets Spitzenpositionen ein und auch im jüngst veröffentlichten Ranking der Economist Intelligence Unit wurde Wien an die 2. Stelle gereiht. Die Bewertung in verschiedenen Bereichen wie öffentliche Sicherheit, Ausbau der Infrastruktur, Fülle an Kultur- und Bildungseinrichtungen, Niveau der medizinischen Versorgung fiel sehr hoch aus, was mich jedoch vor allem fasziniert, ist die Schönheit dieser Stadt. Ich interessiere mich schon seit langem für die Stadtplanung. In meiner Zeit als Generaldirektor des Büros für Stadt- und Regionalentwicklung habe ich an der Schaffung von Gesetzen, die dem Schutz einer schönen, gepflegten Landschaft dienen, mitgewirkt. In diesem Bereich kann Japan sich mit Wien bzw. Österreich austauschen. Ich werde in meiner Arbeit und meinem Leben hier in Wien versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie sich neue Anforderungen in neuer Gestalt mit Geschichte und Tradition sowie kulturellen Gegebenheiten in Einklang bringen lassen.
Der bilaterale Austausch ist für mich eine neue Herausforderung. Der japanische Unternehmer Eiichi Shibusawa (1840-1931), der als Vater des japanischen Kapitalismus bezeichnet wird, sagte einmal: „Aufrichtigkeit ist das Geheimnis des gesellschaftlichen Umgangs.“ Durch aufrichtige Beziehungen zu den Österreichern möchte ich zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Japan und Österreich beitragen. Als hoch industrialisierte Länder stehen Japan und Österreich vor gemeinsamen Aufgaben, wie z.B. Erschließung erneuerbarer Energien, Sicherung des öffentlichen Wohlstands in Anbetracht von Alterung und Niedrigwachstum usw., die viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern eröffnen. Als Botschafter von Japan in Österreich möchte ich diese Zusammenarbeit bestmöglich ausbauen und hoffe, dabei auf Ihre Unterstützung zählen zu dürfen.
Makoto Taketoshi
Botschafter von Japan
(„Japan heute & morgen” 3/2013)